Interview mit Olga Heuser, Gründerin und Geschäftsführerin von DialogShift
Wie kamst du auf die Idee, Dialogshift zu gründen?
Die Idee entstand, als ich selbst Hotelgast war. 2017 habe ich mit meinem Mann und unseren beiden Kindern Urlaub in einem Resort in Südfrankreich gemacht – wo wir übrigens dieses Jahr wieder hinfahren. Back to the Roots sozusagen. Das Gelände war sehr weitläufig, es gab viele Angebote und dazu kam, dass das Hotelpersonal kein Englisch sprach. Das alles machte es schwer, sich zu orientieren und ich hatte immer das Gefühl, etwas Tolles zu verpassen. Da kamen mein Mann und ich auf die Idee, eine Art WhatsApp-Concierge mit KI zu entwickeln, der alle Fragen in einem Hotel beantworten kann. Wann und wo findet der Pilates Kurs statt, welche Angebote für Kinder gibt es …? Heute bieten wir eine ganzheitliche KI, die das Hotel kennt und an ganz vielen Stellen in der Kommunikation zum Gast unterstützt, zum Beispiel mit einem Chatbot und einer E-Mail-KI. Außerdem launchen wir dieses Jahr unsere Telefon-KI und entwickeln eine Künstliche Intelligenz, mit der sich Reviews beantworten lassen. Als Technologieführer arbeiten wir mit den neuesten KI-Modellen, die sehr gut Sprache verstehen und Dialoge sehr menschenähnlich führen.
Wie unterstützt KI schon heute die Gästekommunikation von Hotels?
Je komplexer ein Hotel ist, desto mehr Kommunikationsaufwand hat man über die gesamte Customer-Journey hinweg. Da kann KI sehr unterstützen und Hotels entlasten. Gerade wenn ich Personalmangel habe oder die Herausforderungen steigen und ich mit gleichen Ressourcen mehr leisten muss. Die heutige KI kann selbst Antworten schreiben, Kontext verstehen; sie kann „denken“, selbst herleiten und schlussfolgern. Dadurch kommt sie einer „echten“ Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter schon sehr nahe. Ein einfaches Beispiel: Wenn jemand schreibt, ich komme um 20 Uhr abends, kann ich dann die Sauna noch benutzen? Dann weiß die KI, die Uhrzeit ist noch im Zeitfenster der Saunaöffnungszeit. Das konnte die alte KI nicht. Heute kann ich der KI einen Website-Link geben oder eine Broschüre und ihr zeigen, „hier sind unsere Aktivitäten und Angebote“. Sie kann das alles auslesen und wie ein Mitarbeiter, der in einer Datenbank oder einem Katalog nachschlagen müsste, selbstständig Fragen von Gästen beantworten und Infos rausgeben. Trotzdem kann eine KI heute noch keinen Mitarbeiter ersetzen. Aber was wir immer wieder hören von unseren Kunden: „Die KI hilft uns, die Hände und Köpfe freizubekommen, um auch mal mit dem Gast ein Pläuschchen zu halten. Ich bin nicht die ganze Zeit nur auf hundertachtzig, bis ich endlich nach Hause gehen kann.“ Deshalb zahlt die KI-Unterstützung auch auf die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit ein. Das Arbeiten wird anders und ich kann mich auf Arbeiten konzentrieren, die ich vielleicht lieber mache. Die Vorteile aus Gästesicht sind eine schnellere Erreichbarkeit und einfachere, direktere Abläufe.
Wie wird sich ihr Einsatz in Betrieben weiterentwickeln?
Ich glaube, dass generative KI langfristig alle Bereiche durchdringt, sich ständig weiterentwickelt und es immer mehr Innovationen geben wird. So ähnlich wie damals beim Internet. Kurz- und mittelfristig können Hotels KI vor allem im Marketing und Sales einsetzen, z. B. zur Content-Erstellung für Newsletter, Websites und Anzeigen. Der andere Bereich sind Customer Support und Customer Services. Langfristig werden weitere Einsatzgebiete wie Gebäudemanagement und Ressourcenmanagement relevant werden. Das intelligente Zimmer, mit dem ich sprechen kann, das sich an mich anpasst. Aber auch die Hyperpersonalisierung mit KI ist sehr spannend, denn KI kann heute viel mehr Daten verarbeiten. Die Kompetenz, die richtigen Angebote zur richtigen Zeit am richtigen Ort auszuspielen, ist für den Hotelvertrieb extrem interessant. Auf lange Sicht werden wir eine Zentralisierung der KI im Hotel sehen, quasi als „Co-Manager“ eines Betriebes. Dann überwacht der Mensch die KI und kann seine Stärken wie Spontaneität und Empathie ausspielen. Ich sehe für die Zukunft nicht das KI-Hotel, wo wir keine Menschen mehr haben, sondern wo die Menschen mehr Zeit für den Gast haben. Ein Kunde von uns ist das Sonnenalp-Resort im Allgäu. Die haben sich damals als Luxushotel gefragt: „Passt KI denn in den Luxusbereich?“ Ihre Wunschvorstellung war es, pro Gast einen Mitarbeiter zu haben. Dem Hotel war aber auch klar: Wir können diesem Ziel nur nah kommen, wenn wir Technologie einsetzen. Und genau das ist der Punkt: Es geht nicht um die Frage, Technologie oder Service, sondern wir können besseren Service mit Technologie realisieren.
Wie wird die AI die Hotellerie langfristig verändern? Es wird mehr Hotels geben, die komplett automatisch sind. Aber wir werden auch viel mehr Hotels haben, ähnlich wie beim Konzept der Apple Stores, in denen die Gäste in der Lobby ein Glas Sekt in die Hand bekommen, Häuser mit mehr „Glücklich-Machern“, die sich um die Gäste kümmern können. Außerdem wird die Robotertechnologie einen riesigen Entwicklungsschub erfahren, weil diese Technologie auch KI verwendet. Es wird mehr Roboter geben, die in der Küche die Spülmaschine ausräumen, die Zimmer reinigen, das Lager einräumen. Ich bin nicht überzeugt davon, dass wir überall Serviceroboter am Gast haben werden, aber hinter den Kulissen wird der Roboter immer präsenter werden. Letztens sagte übriges jemand: „Wenn wir viele manuelle Tätigkeiten durch KI ersetzen, müssten wir ja Mitarbeiter entlassen. Das ist doch schrecklich.“ Dem habe ich gesagt: „Nein, ihr könnt eure Mitarbeiter dann anders einsetzen, zum Beispiel in der Lobby, am Gast.“
Welche Rolle spielt KI speziell bei der Hotelsuche?
Die Hotelsuche und Hotelbuchung im Kontext von KI ist ein megaspannender Bereich. Ich habe letztens einen Artikel gelesen, dass das Suchmaschinenvolumen laut einer Marktprognose von Gartner bis zum Jahr 2026 um 25 Prozent sinken wird, weil Bots oder andere Websearch-KI-Systeme immer mehr zur Suche genutzt würden. Ich bin da nicht so sicher. Denn auch die Suchmaschinen verändern sich gerade, weil sie KI integrieren. Heißt, wir haben ein Dialog-Interface in der Suchmaschine und ich kann mit ihr in Dialog treten und auch sehr komplexe Fragen stellen. Ich kann ganz konkret sagen, wonach ich suche und die KI puzzelt alles für mich zusammen. Passend zu meiner Frage bekomme ich aus all diesen Puzzlestücken auf mich genau zugeschnittene Ergebnisse und kann dann auf den Link gehen und alles genau nachvollziehen. Anders als bei der klassischen Suchmaschine habe ich außerdem die Möglichkeit, nachzufragen und die Ergebnisse noch weiter zu optimieren. Die Suche wird viel schneller.
Die Hotelsuche der Zukunft fußt meiner Meinung nach auf drei wesentlichen Säulen:
User-Interface: Durch die Integration von KI kann ich in den Dialog treten, kann ganz komplex fragen und die KI präsentiert mir genau auf meine Bedürfnisse zugeschnittene Ergebnisse.
Daten: Wir werden nicht ALLES über KI machen, weil die Daten nicht in ChatGPT sind. Google verfügt über diese unfassbare Datenmenge. Auch Booking.com hat im Januar die Hotelsuche mit KI gelauncht. Und auch hier ist die Datenbasis ihr großes Plus. Deshalb werden wir weiterhin über Google und Booking.com und andere Plattformen buchen, aber KI wird die Hotelsuche verändern und einfacher machen.
Visuelle Eindrücke und Mixed Reality: Ich will sehen, wie es in einem Hotel aussieht, bevor ich es buche. In ein paar Jahren, da bin ich sicher, werden wir Hotels oder Destinationen erstmal virtuell besichtigen. Nach dem Motto: „Komm, wir gehen da mal hin, und schauen uns das an.“ Dann mache ich mir durch eine VR-Brille erstmal einen realistischen Eindruck und entscheide dann, ob ich buche.
Welchen Rat würdest du Hoteliers geben, die über den Einsatz von generativen KI-Lösungen nachdenken?
Oft spüren Hoteliers erstmal eine Überforderung und haben Angst, wenn es um KI in Bezug auf ihren Betrieb geht. Der Gedanke „irgendwann haben wir nur noch vollautomatische Hotels, in denen überall Roboter rumlaufen“ ist bei vielen sehr präsent. Diese Gegensätzlichkeit von Technologie und Mensch muss man auflösen im Kopf. Denn es geht nicht um ein Gegeneinander, sondern um ein Zusammen. Hotels können von KI-Technologien profitieren, ohne ihre Seele aufzugeben. Wir sprechen von einer Technologie, die da ist und die wird auch nicht mehr gehen. Wie damals beim Internet. Man kommt nicht drumherum, es sei denn, mit unendlichen Ressourcen an Mitarbeitern, die ich aber in der Regel nicht habe. Und die Anspruchshaltung des Gastes wird ja auch nicht im Hotel geprägt, sondern auf Netflix, Amazon, Google, in meinem Tesla, mit meinem Apple-Telefon. Da komme ich nicht in ein Hotel und will erstmal 20 Minuten an der Rezeption anstehen. Mein zweiter Ratschlag, den ich Hotels geben möchte, die über die Implementierung von KI nachdenken: Denkt vom Problem her! Was habe ich für manuelle Prozesse und welche Möglichkeiten gibt es, diese zu optimieren? KI ist kein Selbstzweck, sondern man sollte sie gezielt einsetzen, um ein Problem zu lösen, um schneller zu werden, um Kapazitäten zu sparen.
Vielen Dank Olga, für das Gespräch!
Über DialogShift:
DialogShift unterstützt Hotels mit neuester KI-Technologie bei der Gästekommunikation. Eine KI, die über hotelspezifisches Wissen verfügt und in der Tonalität des Hotels Gästeanfragen rund um die Uhr in mehr als 100 Sprachen im Chat (Website, WhatsApp, Social Media, …) per Email oder am Telefon (coming soon) beantwortet. So können Hotels ihre Produktivität spürbar erhöhen, das Team entlasten und Direktbuchungen steigern. Dadurch bleibt mehr Zeit für die wichtigen Dinge: Die Gäste. 💙
Über Olga:
Als Gründerin und Geschäftsführerin von DialogShift arbeitet Olga Heuser an KI-Lösungen für die Hotellerie. Seit 2019 unterstützen sie und ihr Team rund 1000 Hotels von namhaften Hotelketten bis zu privatgeführten Häusern in der Gästekommunikation. DialogShift ist Technologieführer für generative KI für die Kundenkommunikation. Das Tech-Unternehmen aus dem Herzen Berlins ist mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem IHA-Branchenaward 2021.