Kobe, Iberico oder Hereford: Viele Fleischesser suchen das Besondere auf ihren Tellern. Aber: Was ist eigentlich dran am Hype? Wir haben mit Fleischsommelier Philipp Sontag gesprochen.
Herr Sontag, was halten Sie vom Hype um Wagyu, Kobe und Co.?
Ich finde es gut, dass sich die Menschen für Fleisch interessieren, aber da ist auch einiges an Unwissenheit dabei. Und genau das ist eine riesige Chance für den Fachmann. Hoteliers und Gastronomen sollten sich mit dem Thema Fleisch auseinandersetzen, in die Materie einsteigen und ihr Fachwissen dann dem Kunden weitergeben.
Vor allem Wagyu und Kobe sind in aller Munde. Was steckt dahinter?
Wagyu ist eine Rinderrasse – die Tiere sind pechschwarz und haben ein samtiges Fell. Das Besondere an dem Fleisch ist die Marmorierung, also das Fett, das in die Muskeln wandert. Kobe wiederrum ist eine Region in Japan, in der das Rind ursprünglich gehyped wurde. Dahinter steckt, wie beim Parmaschinken, eine geschützte Herkunftsbezeichnung.
Die meisten Konsumenten in Deutschland denken, dass sie ein Kobe-Steak essen können. So ein Stück Fleisch von 200 oder 300 Gramm hat aber einen so hohen Fettgehalt, dass sie es nicht vertragen würden. Die Japaner essen das Rind übrigens roh und in dünnen Scheiben.
Und wie sieht es mit dem Fleisch vom Iberico-Schwein oder Irish Hereford-Rind aus?
Das Iberico-Schwein wird bei mir in der Metzgerei auch oft angefragt. Das ist eine alte Rasse und hat dadurch mehr Fettgehalt. Das Irish Hereford wiederrum ist eine Rinderrasse, die aus Irland kommt. Irland ist ja weltweit bekannt als toller Fleischproduzent, weil die Wiesen dank gemäßigter Klimazone so grün und saftig sind. Die Rinder stehen dort aber meistens in Laufställen und nur in Einzelfällen auf der Weide – genau wie bei uns in Deutschland. Deshalb schmeckt man keinen großen Unterschied zwischen Hereford-Rindern und regionalen.
Was glauben Sie: Woher kommt dann dieser Trend?
Viele Kunden fahren auf Rassen ab, die sich toll anhören oder englische Bezeichnungen haben. Das Ganze ist aber ein sehr komplexes Thema. Jedes Rind schmeckt anders und das hat vor allem etwas mit der Haltung der Tiere zu tun, mit der Rasse, dem Geschlecht, der Fütterung oder dem Zuschnitt. All diese Parameter spielen eine große Rolle für das Endprodukt.
Apropos Schnitt: Was kaufen die Kunden bei Ihnen gerade gern ein?
Ein Trend, den ich gerade sehr spüre, kommt aus dem Grill-Bereich und heißt „Flank Steak“. Diesen Schnitt kann man aus allen Rindern der Welt herausschneiden. Egal, ob aus Amerika, Australien oder Deutschland: Der Körperbau der Tiere ist überall gleich.
Welche Alternativen können geschmacklich mit Kobe und Co. mithalten?
Da gibt es einige: Fleckvieh, Braunvieh oder die französischen Fleischrassen wie Charolais zum Beispiel. Hauptsache, es sind weibliche Tiere oder Ochsen – die sind viel zarter als Bullen. Ich denke, wenn man das Fleischverständnis hat, kann man immer lokale Alternativen zu jedem Hype bieten.