Den eigenen Betrieb oder die Karriere vor die Wand zu fahren, ist schon schlimm genug. Aber dann auch noch darüber reden? Auf einer Bühne, mit einem Mikrofon in der Hand und unter den neugierigen Blicken des Publikums? Genau darum geht es bei den Fuckup Nights. Warum Du mal bei einer solchen Veranstaltung vorbei schauen solltest.
In aller Öffentlichkeit über den eigenen beruflichen Misserfolg zu sprechen, ist nicht leicht. Respekt an alle, die es trotzdem tun! FDP-Chef Christian Lindner (er war mal Unternehmer) hat es gemacht, Xing-Gründer Lars Hinrichs ebenfalls und viele andere Unternehmer auch. Sie haben als Speaker bei einer Fuckup Night (FUN) vorgetragen, was sie in ihrem Job oder in ihrem Betrieb „vermasselt“ (deutsch für den englischen Ausdruck „fuck up“) haben. Offen haben sie gestanden, was in ihrer Firma falsch lief, welche Fehler sie gemacht haben und was sie heute anders machen würden.
Klar, dass von solchen Vorträgen das Publikum ordentlich profitieren kann. Die Teilnehmer lernen durch Zuhören und haben anschließend die Gelegenheit, die Speaker mit Fragen zu löchern. Fuckup Nights – die Geschichten um Pleiten, Pannen und Versagen und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind – gibt es inzwischen weltweit. In Mexiko fing alles im Jahr 2012 an. Unternehmer trafen sich in kleiner Runde und tauschten sich dabei auch über ihre Misserfolge aus. Drüber zu reden war für sie wohltuend und befreiend. Dieses Gefühl wollten sie auch anderen vermitteln, also organisierten sie ein weiteres Treffen mit einem größeren Teilnehmerkreis: die Geburtsstunde der Fuckup Nights.
Inzwischen gehen solche Events in über 225 Städten über die Bühne, hierzulande zum Beispiel in Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und Leipzig, aber etwa auch in Bielefeld oder im Ruhrgebiet. Der Ablauf des Events ist überall ähnlich: Mindestens drei Speaker erzählen in etwa zehn Minuten, warum sie mit ihrem Unternehmen baden gingen. Zum Vortrag gehören außerdem mindestens drei Lektionen, aus denen die Zuhörer etwas lernen können. So unterschiedlich die Unternehmen und ihre Konzepte sind: Scheitern gibt es in jeder Branche – egal ob als Künstler, Handwerker oder eben auch als Gastronom.
Ein paar Beispiele aus dem Gastronomiebereich:
Martina Leisten hatte in Berlin ein kleines Café aufgemacht – und ist damit in die Insolvenz geschlittert. Davon erzählte sie bei einer Fuckup Night in Leipzig. Einer der Gründe war die Lage. Das Lokal befand sich in einem toten Winkel. Die Lehre daraus: Mach Dir genau Gedanken, wo Du einen Gastronomiebetrieb eröffnest – zum Beispiel dort, wo viele Leute vorbeikommen und Du dementsprechend viel Laufkundschaft hast.
Oliver Dobisch wollte mit seiner Musik Geld verdienen und übernahm einen Musikclub. Darüber berichtete er bei einer Fuckup Night in Heidelberg. Doch er verfügte über keinerlei Erfahrungen in Gastronomie und Veranstaltungsplanung. Genau daran scheitert sein Vorhaben. Die Lehre daraus: Allein mit Leidenschaft, aber ohne Erfahrungswerte, geht es einfach nicht.
Auch Miguel aus Ecuador hat mit seinem Coffeeshop eine Bauchlandung erlitten – seine Geschichte ist im Fuckup Blog zu lesen. Er war nicht vom Fach, kalkulierte die Preise falsch, zahlte eine zu hohe Miete und häufte schließlich Schulden über Schulden an. Die Lehre daraus: Nur mit einem gut durchdachten und vor allem realistischen Businessplan wird ein solches Start-up mit Erfolg gekrönt.
Du willst bei einer der nächsten Fuckup Nights dabei sein? Hier sind schon mal ein paar Termine:
6. Februar 2019 in Friedrichshafen
Eine Übersicht über weitere Städte, in denen Fuckup Nights stattfinden, gibt es hier.