„Über steigende Energiepreise mache ich mir wenige Gedanken“, sagt Klaus-Günther Wiesler. Mit seinem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept hat der Träger des Bundesverdienstkreuzes seinen Betrieb bereits weit vor der Krise energieeffizient aufgestellt. Dabei setzt der Hotelier auf ein Grundprinzip des Lean Managements und macht sich vor Ort sein eigenes Bild, statt teure Energieberater zu engagieren. Von seinen Erfahrungen sollen auch andere profitieren.
Im seinem 4 Sterne Superior Wellnesshotel im Hochschwarzwald hat Klaus-Günther Wiesler schon immer sehr auf Umweltverträglichkeit gesetzt, lange bevor der Begriff Nachhaltigkeit in Mode kam. Als das Thema auch in der Gesellschaft stärker in den Fokus rückte, setzte der Hotelier gemeinsam mit seiner Familie schrittweise weitere Maßnahmen um. Seit 2006 ist sein Betrieb mit der europäischen Umweltzertifizierung EMAS zertifiziert. Weil er auch Branchenkollegen dabei hilft, sich nachhaltiger aufzustellen, erhielt Wiesler vor ein paar Jahren das Bundesverdienstkreuz. Gerade in der Krise möchte er auch anderen Häusern Mut machen und Anregungen geben, wie sich kurz- und vor allem langfristig mit wachsenden Herausforderungen besser umgehen lässt. Hierfür engagiert Klaus-Günther Wiesler sich auch an der Spitze des kürzlich gegründeten Bundesausschuss für Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit des Dehoga. Man müsse aber nicht gleich das ganz große Rad drehen, sondern könne auch ohne riesige Investitionen und sogar kurzfristig schon viel bewirken, sagt Wiesler.
Trotz Hotelerweiterung ist der Energieverbrauch nicht gestiegen
Gerade für ein Wellnesshotel ist das Energiemanagement eine Herausforderung. Bereiche wie Schwimmbad, Sauna & Spa sind normalerweise sehr energieintensiv. Mit vielen großen und kleineren Maßnahmen hat Klaus-Günther Wiesler es trotzdem geschafft, nicht nur nahezu klimaneutral in Scope eins und zwei zu werden, sondern seinen Energieverbrauch im gesamten Betrieb trotz Hotelerweiterung konstant zu halten. In diesem Zusammenhang wirbt der Hotelier auch für mehr Digitalisierung und arbeitet hier mit Deutschlands größter Einkaufsgenossenschaft für seine Branche HGK zusammen, der 3.500 Mitglieder angehören. Denn bei der Entwicklung seines Nachhaltigkeitskonzeptes geholfen hat ihm ein digitales Managementsystem, das ihm die Transparenz über sämtliche Verbräuche und Kosten in den verschiedenen Bereichen seines Betriebes ermöglicht. „Für uns ist das Back Office-System als Controlling-Tool und Grundlage für nachhaltige Entscheidungen unverzichtbar geworden. Vom Überblick über Strom- und Gasrechnungen bis zu Maschinenersatzanschaffungen. Ohne diese digitale Unterstützung hätten wir viele Infos nicht oder müssten uns diese umständlich beschaffen.“ Für die Umsetzung eines erfolgreichen Energiekonzeptes rät der Nachhaltigkeitsexperte auch anderen Kolleginnen und Kollegen, nicht willkürlich zu handeln, sondern systematisch und mit einer guten Datenbasis vorzugehen. „Man sollte sich den eigenen Betrieb erstmal genau anschauen. Wie sehen meine Verbräuche in den einzelnen Bereichen aus?“ Ein guter Anfang sei es, einmal die Energie- und Wasserverbräuche zu checken und insgesamt zu prüfen, wie ein Haus energetisch aufgestellt sei. Bei so einer Betrachtung fänden sich meistens schon recht schnell Ansatzpunkte.
Mit energieeffizienten Eigenentwicklungen Vorreiter
„Um zu erfahren, wo sich am besten sparen lässt, braucht man nicht unbedingt Energieberater, die mit ferndiagnostischen Berechnungen und Beratungen im Vorfeld hohe Kosten verursachen“, sagt Dr. Urban Uttenweiler, Vorstandsvorsitzender der HGK, der mehrere Jahre in einem japanischen Konzern gearbeitet und dort den unmittelbaren auf den Grund gehenden Pragmatismus schätzen gelernt hat. „Genchi Genbutsu, oder Gemba, gehe an den Ort und überzeuge dich selbst. Das ist es, was Klaus-Günther Wiesler macht und wofür er mit seinem erfolgreichen Nachhaltigkeitskonzept mehr als jeder andere steht. Man kann so viel selbst in die Hand nehmen. Das fängt z. B. damit an, Energiezähler vor die Geräte zu schalten. So simpel wie sinnvoll.“
Eine der effektivsten Maßnahmen, um Energie zu sparen, ist eine gute Gebäudedämmung. „Denn wo keine Wärme verloren geht, muss auch weniger produziert werden“, so Hotelier Klaus-Günther Wiesler. 98 Prozent seiner Energie gewinnt das Seehotel aus erneuerbaren Energien. „Wir haben zum Beispiel unsere Ölheizung durch eine Hackschnitzelheizung ersetzt, mit der wir mittlerweile das gesamte Gebäude heizen. Diese Wärmeerzeugung ist sehr effizient und nebenbei noch nahezu CO2-neutral“, sagt der Hotelier. „Einige Dinge haben wir selbst entwickelt, die später Standard im Markt wurden.“ Ein Beispiel ist die hybride Sauna, bei der die Grundwärme aus Hackschnitzeln kommt und nur die Differenz zur Betriebstemperatur durch elektrische Saunaöfen ausgeglichen wird. Die Schwimmbecken des Hotels wird größtenteils mit einer Solarthermieanlage geheizt und um zusätzlich Energie zu sparen, wurde der Liegebereich durch eine Glaswand abgetrennt. Wird der Außenpool nicht genutzt, kommt eine Solarabdeckung ins Spiel, so dass deutlich weniger Wärme verloren geht. Ähnliches beim Außen-Whirlpool: Sind keine Gäste da, fließt sein Wasser in einen Tank im warmen unterirdischen Keller und wird erst bei Bedarf in den Pool zurückgeleitet.
In Summe können auch viele kleinere Maßnahmen einiges bewirken
Das Energiesparkonzept zieht sich durch das gesamte Unternehmen – bis in die Küche. Hier werden alle Kühlschränke durch eine moderne Computersteuerung geregelt und sind dadurch effizienter als herkömmliche Geräte. Am Essenspass gibt es eine Lichtschranke, so dass die Wärmelampe nur angeht, wenn sie Speisen warmhalten muss und nicht den ganzen Abend läuft. Gekocht wird mit Induktion. Das spart Energie und CO2 und sorgt nebenbei für ein besseres Raumklima.
Besonders bei der Technik lässt sich lt. Wiesler viel bewirken: „Immer, wenn Sie ein Gerät ersetzen, machen Sie sich Gedanken über eine nachhaltige Alternative. So kommt man schnell voran. Ob das die Gläserspülmaschine, der Eiswürfelbereiter oder die Föne in den Zimmern sind. Gerade Ersatzinvestitionen verursachen meistens nicht mehr Kosten, bringen aber sofort Einsparungen.“ Die Housekeeping-Mitarbeiter zu schulen, wie die Lüftung eines Hotels richtig funktioniert, die Beleuchtung auf LED umzustellen: Man könne lt. Wiesler an vielen Schrauben drehen und nachhaltiger werden, auch ohne große Kosten.
„Die Krise ist nur der Katalysator für schon lange bekannte Probleme in Deutschland. Sie deckt Baustellen auf, die vorher schon da waren und die jetzt umso schneller angegangen werden müssen“, sagt Klaus-Günther Wiesler.