Katja Kortmann, Chefin des Hotel Esplanade in Dortmund, setzt sich aktiv für ukrainische Flüchtlinge ein und beherbergt seit einigen Wochen mehrere Familien in ihrem Hotel. Uns hat sie erzählt, wie dieses Engagement zustande kam und wie sie die derzeitige Situation und das Miteinander erlebt.
Soziales Engagement gehört von jeher zum Spirit des Hotel Esplanade. Schon vor dem Ukraine-Krieg war Katja Kortmann im Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ aktiv, das damals für syrische Flüchtlinge gegründet wurde. „Wir beschäftigen selbst syrische Flüchtlinge als Auszubildende in unserem Betrieb, deshalb hatten wir schon vorher einen Bezug zu den Nöten und Ängsten der Menschen und ihrer Angehörigen aus solchen Kriegsgebieten“, berichtet Katja Kortmann. „Denn wenn damals eine Bombe in Damaskus fiel, war es für unseren Mitarbeiter, dessen Eltern dort leben, etwas ganz anderes, als wenn das jemand im Fernsehen sieht und dann wieder abschalten kann.“ Als Regionalbotschafterin für NRW engagiert sich die junge Hotelière bis heute in dem Netzwerk, das sich jetzt auch für Menschen aus der Ukraine einsetzt, um diese bestmöglich bei uns zu integrieren. „Uns war auch dieses Mal sofort klar: Wir müssen etwas tun. Denn wir sind ein weltoffenes Haus und auch unser Team und unsere Gäste sind multikulturell.“
Zunächst einmal erkundigte sich das Hotel, was in der aktuellen Situation am meisten benötigt wird. „Dann haben wir für 1.000,- € Lebensmittel eingekauft“, so Katja Kortmann. Vor allem Hygieneartikel wurden gebraucht. Um auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einzubinden, konnten diese selbst wichtige Dinge von der Liste besorgen und das Hotel bezahlte später die Bons. „Das war ein tolles Teamgefühl“, erzählt Katja Kortmann. Außerdem spendete der Betrieb zehn Prozent seines Getränkeumsatzes an die Stiftung „Help & Hope“, die sich u. a. für ukrainische Kinder einsetzt.
Nach sechs Tagen auf der Flucht zog die erste Familie ein
„Nach dem Motto ‚ich kenne da jemanden, der jemanden kennt …, sind wir schließlich durch eine Kollegin auf die Ukrainerin Juli aufmerksam geworden. Juli lebt schon länger in Deutschland und engagiert sich seit dem Krieg intensiv als Vermittlerin für ihre ukrainischen Landsleute. Sie brauchte dringend eine Unterkunft für eine Familie. Genauer gesagt: In den nächsten 48 Stunden! Ja, klar, kein Problem, war meine erste Reaktion“, lacht Katja Kortmann. „Erst danach habe ich mir nähere Gedanken gemacht.“
Anfang März zog die Mutter mit ihren zwei Kindern im Hotel Esplanade ein. Eine sechstägige Flucht mit dem eigenen Auto lag hinter ihnen, von Kiew aus über Rumänien und Polen. „Zwischendurch hatten sie auch noch einen Unfall, bei dem das Auto beschädigt wurde“, erzählt Katja Kortmann. „Als die Drei bei uns ankamen, waren sie mit den Nerven fertig und vor allem der zweijährige Sohn ist bis heute schwer traumatisiert von den Erlebnissen.“ Aber es gibt auch einen kleinen Lichtblick: Mittlerweile wurde eine Wohnung für die Familie gefunden, in die diese im Mai einziehen kann.
Nachdem das Hotel kurz nach Kriegsbeginn die ersten Flüchtlinge aufgenommen hatte, folgten weitere Mütter mit ihren Kindern. Insgesamt wohnen fünf Familien im Esplanade. Hierfür wurden mehrere große Hotelzimmer zur Verfügung gestellt und entsprechend ausgestattet, zum Beispiel mit Kinderbetten. „Die Familien schlafen und essen bis heute bei uns und zusammen mit Juli haben wir Kleidung und Spielzeug für sie gesammelt“, berichtet Katja Kortmann. Aber auch, wenn die Familien nach und nach in ihre eigenen Wohnungen ziehen, wird sie den Kontakt weiter halten und diese bei der weiteren Integration begleiten. „Wir haben bereits Küchengeräte wie Toaster und Kaffeemaschine besorgt, damit sie sich in der neuen Wohnung selbst versorgen können.“
„Die Hotelbranche wäre eine gute Art der Integration“
„Gemeinsam mit Juli unterstützen wir die Familien außerdem bei Amtsgängen“, so Katja Kortmann „Bei unseren komplizierten und oft unüberschaubaren Verwaltungsstrukturen ist es für jemanden, der aus einem anderen Land kommt und außerdem kein Deutsch spricht, kaum möglich, sich allein zurechtzufinden. Wenngleich ich sagen muss, dass die Abläufe in den Ämtern schon etwas besser funktionieren. Das habe ich bei den syrischen Flüchtlingen noch anders erlebt.“
Im Moment geht es für sie vor allem darum, akute Hilfe zu leisten und die Familien dabei zu unterstützen, dass diese sich etwas erholen können. „Ich habe unsere ukrainischen Gäste als tolle Menschen kennengelernt, die sehr bemüht und dankbar sind“, erklärt sie. „Aber viele wissen nicht, ob sie überhaupt wieder zurück in ihr Heimatland können. Denn dort haben sie keine Wohnung, kein Haus, keine Existenzgrundlage mehr. Oft sind ja ganze Orte zerstört.“ Deshalb könnte sich Katja Kortmann durchaus vorstellen, dass einige der Flüchtlinge später auch Arbeit in der Hotellerie in Deutschland finden. „Nicht jetzt sofort natürlich, aber vielleicht in einem halben Jahr oder so. Why not?“ Die Hotelbranche wäre aus ihrer Sicht eine gute Art der Integration. „Man kommuniziert viel, bekommt viel vom Leben hier mit und man lernt Deutsch“, so Katja Kortmann. „Das könnte ein super Einstieg ins Arbeitsleben sein. Auch weil man schon mit geringen Deutschkenntnissen bestimmte Aufgaben übernehmen kann. Anders als in vielen anderen Berufen, wo man ohne gutes Deutsch keine Chance hätte. Selbst wenn man in seinem Heimatland einen guten Job und eine gute Ausbildung hatte.“
Nach der Pandemie die nächste große Herausforderung
Aus den letzten Wochen hat sie einiges mitgenommen: „Zum einen ist mir bewusst geworden, wie unberechenbar vieles ist und dass es einen Krieg fast vor unserer Haustür gibt, mit dem wir niemals gerechnet hätten. Das macht mir Angst. Zum anderen betrifft uns der Ukraine-Krieg natürlich auch wirtschaftlich als Hotel. Preise steigen und wir haben mit Lieferengpässen zu tun. Nachdem wir uns zwei Jahre durch die Pandemie geboxt haben, ist dies jetzt die nächste große Herausforderung. Aber wir müssen optimistisch bleiben. Das sage ich auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist gerade eine harte Zeit, aber dafür hatten wir vorher auch viele gute Jahre. Da müssen wir jetzt gemeinsam durch, denn eine Alternative gibt es nicht. Und wir sind nicht allein mit dieser Situation. Anderen geht es genauso.“
Mit ihrem sozialen Engagement ist sie übrigens nicht bewusst nach außen gegangen. „Wir haben das nicht groß kommuniziert“, erzählt sie. „Obwohl es manchmal vielleicht besser wäre, denn viele Hilfsprojekte laufen sehr anonym und etwas mehr Aufmerksamkeit und die persönlichen Geschichten dahinter würden sicher helfen, damit auch bei anderen Unternehmen die Bereitschaft, etwas zu tun, steigt. Denn aus meiner Sicht hat jeder eine soziale Verantwortung in dem Maße, wie es ihm möglich ist. Man sollte nicht die Macht des Kleinen unterschätzen. Wenn jeder nur ein bisschen tut, können wir gemeinsam viel bewirken.“
Dennoch wurde ihr Tun auch schon von Gästen positiv honoriert. „Kürzlich sprach mich eine Referentin einer Tagung an, weil sie unseren Einsatz so toll fand. Das freut einen dann doch irgendwie.“
Wir danken dieser tollen und engagierten jungen Frau für das Gespräch und die spannenden Einblicke und wünschen Katja Kortmann und Ihrem Team weiter viel Erfolg für ihre Projekte!