Interview mit den Nachhaltigkeitsmanagern Jan Suwalski und Jens Kröpke von der HGK.
Unter nachhaltiger Beschaffung versteht man die Auswahl und den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen, die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit fördern. Kurz gesagt: Es geht darum, Lieferanten zu wählen, die umweltfreundliche Produktionsmethoden verwenden, faire Arbeitsbedingungen bieten und nachhaltige Geschäftsmodelle verfolgen. Wir haben die Nachhaltigkeitsmanager Jan Suwalski und Jens Kröpke gefragt, wie ihr die Beschaffung in eurem Hotel oder Restaurant nachhaltiger gestalten könnt.
Als zertifizierte Nachhaltigkeitsmanager kennt ihr euch bestens damit aus, wie Hospitality-Unternehmen ihre Abläufe und Prozesse nachhaltiger machen. Mit welchen ersten Schritten können Hoteliers und Gastronomen das Ganze im Einkauf angehen?
Am Anfang ist es wichtig, den Ist-Stand aufzunehmen, um einen Überblick zu haben, was überhaupt alles in einem Betrieb eingekauft wird. Nach Sichtung der vorliegenden Daten kann eine Potenzialanalyse im Bereich der Nachhaltigkeit aufzeigen, welche Produkte austauschbar sind.
Worauf sollten Unternehmen besonders achten, wenn sie nach umweltfreundlichen Lieferanten suchen?
Ein gutes Indiz für einen „umweltfreundlichen Lieferanten“ sind immer die von ihm angestrebten Bemühungen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Diese Informationen können, falls vorhanden, einem Nachhaltigkeitsbericht des jeweiligen Unternehmens entnommen werden. Falls dieser Bericht nicht vorhanden ist, gibt es weitere Anzeichen, die für ein nachhaltiges Gesamtkonzept sprechen: Ein wichtiger Aspekt ist die Umweltzertifizierung des Unternehmens. Standards wie ISO 14001 oder EMAS zeigen, dass der Lieferant sich aktiv für den Umweltschutz engagiert. Darüber hinaus ist die ressourcenschonende und effiziente Nutzung von Materialien und Energie ein Zeichen für nachhaltige Praktiken – ebenso wie ein gut organisiertes Abfallmanagement, das die Reduktion, Wiederverwertung und fachgerechte Entsorgung von Abfällen sicherstellt.
Ein interessanter Punkt ist der CO2-Fußabdruck des Unternehmens. Lieferanten, die ihre Emissionen regelmäßig messen und Strategien zur Reduktion entwickeln, tragen erheblich zur Umweltfreundlichkeit bei. Transparenz und eine kontinuierliche Berichterstattung über Umwelt- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen geben zudem Einblick in die tatsächlichen Bemühungen des Unternehmens. Soziale Verantwortung, die sich zum Beispiel in fairen Arbeitsbedingungen zeigt, ist auch so ein Kriterium. Eine Rolle spielt außerdem die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine Lieferketten organisiert. Umweltfreundliche Lieferanten achten darauf, dass ihre Zulieferer ebenfalls nachhaltige Praktiken verfolgen. Und nicht zuletzt spricht die lokale oder regionale Verankerung eines Lieferanten für eine nachhaltige Beschaffung. Lokale Lieferanten minimieren Transportwege und unterstützen die regionale Wirtschaft, was wiederum positive ökologische und soziale Auswirkungen hat.
Welche Zertifikate und Siegel sind in der Branche vertrauenswürdig und aussagekräftig, wenn es um nachhaltige Produkte und Lieferanten geht?
Dank diverser Regularien, wie dem EU-Green Deal (Anti-Greenwashing Gesetz) und Berichtserstattungspflichten, wie der CSRD, wird es dem Verbraucher in den nächsten Jahren einfacher gemacht, durch den derzeitigen Zertifikats-Dschungel zu steigen. Je nach Artikel haben sich aber folgende Zertifikate als recht vertrauenswürdig erwiesen:
- Cradel to Cradel (Das Siegel zeichnet Produkte aus, die umweltsichere, gesundheitlich unbedenkliche und kreislauffähige Materialien verwenden.)
- EU Ecolabel (Das Label mit der Blume wird an Produkte und Dienstleistungen vergeben, die im Vergleich zu ähnlichen Produkten geringere Umweltauswirkungen haben.)
- DE-ÖKO-060 (EU-Öko-Siegel)
- Blauer Engel (Umweltzeichen der Bundesregierung für besonders umweltschonende Produkte und Dienstleistungen)
- FSC (Das FSC®-Zertifikat stellt sicher, dass Verpackungen aus nachhaltig gewonnenen Materialien und nach den Grundsätzen der fairen Waldbewirtschaftung hergestellt wurden.)
- Demeter (Das Zertifikat des ältesten Bio-Anbauverbandes steht für konsequente Bio-Lebensmittel, die im Einklang mit der Natur erzeugt werden.)
- PEFC (Das Siegel steht für Holz- und Papierprodukte aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.)
- Fairtrade (Mit diesem Siegel werden fair angebaute und gehandelte Produkte gekennzeichnet.)
Daneben gibt es weitere etablierte Siegel. Welche hier jeweils relevant sind, richtet sich immer nach den Artikeln und Sortimenten unserer Mitglieder.
Wie können Hoteliers und Gastronomen die Nachhaltigkeit ihrer bestehenden Lieferanten überprüfen und sicherstellen?
Die für die Auswahl eines Lieferanten angesetzten Kriterien und Zertifikate sind ja erstmal ein sicheres Indiz – solange diese aktuell sind. Das heißt, ihr solltet in bestimmten Zyklen abchecken, ob eure Lieferanten die Nachhaltigkeitsansprüche immer noch erfüllen. Alternativ können hier natürlich auch Einkaufskooperationen unterstützen, die nachhaltige Lieferanten kennzeichnen und regelmäßig überprüfen.
In welchen Produktkategorien oder bei welchen Dienstleistungen lässt sich nachhaltige Beschaffung am leichtesten umsetzen?
Dies ist je nach Unternehmensstruktur, Standort und Lieferkette unterschiedlich. Ein guter Ansatz ist jedoch, im Non Food Bereich zu starten, beispielsweise bei Reinigungsprodukten im Housekeeping oder bei einer Umstellung des Kopierpapiers.
Gibt es bestimmte Bereiche innerhalb eines Hotels, in denen nachhaltige Beschaffung besonders große Auswirkungen hat?
In der Umsetzung wassersparender Maßnahmen auf dem Hotelzimmer liegt meist ein großes Potenzial. Dies kann zum Beispiel relativ einfach mit einem Duschadapter realisiert werden, durch den sich der Wasserverbrauch minimiert. Eine weitere Möglichkeit ist der komplette Verzicht von Amenities auf den Zimmern und diese stattdessen an der Rezeption bereit zu halten. Auch kleine Goodies für Gäste, die auf die Zimmerreinigung verzichten, können Ressourcen schonen und einsparen.
Welchen Herausforderungen könnten Betriebe begegnen, wenn sie auf nachhaltige Lieferanten umstellen, und wie können diese überwunden werden?
Das Umstellen von Sortimenten und die damit einhergehenden Preisverhandlungen sind manchmal schon eine Herausforderung. Allerdings kann man sich hierfür auch Unterstützung holen.
Inwiefern kann die Zusammenarbeit mit umweltfreundlichen Lieferanten auch wirtschaftliche Vorteile für Hotels und Restaurants mit sich bringen?
Zum einen führt der Einsatz nachhaltiger Produkte oft zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen – und das senkt Kosten. Durch die Reduktion von Abfällen und den sparsameren Einsatz von Energie und Wasser lassen sich häufig erhebliche Einsparungen erzielen. Nachhaltigkeit bietet außerdem Wettbewerbsvorteile. Hotels und Restaurants, die sich als umweltfreundlich positionieren, können sich von der Konkurrenz abheben und über ein umweltbewusstes Markenimage auch die Kundenbindung stärken. Gäste schätzen es zunehmend, wenn Betriebe nachhaltig agieren, was zu höherer Loyalität und positiver Mund-zu-Mund-Propaganda führen kann. Nicht unterschätzen solltet ihr außerdem die interne Wahrnehmung: Mitarbeitende, die in einem Unternehmen mit umweltfreundlichen Werten arbeiten, sind oft motivierter und zufriedener.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei der Auswahl und Verwaltung nachhaltiger Lieferketten?
Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle. Durch den Einsatz digitaler Tools lassen sich Daten schneller analysieren und so entsteht eine größere Transparenz entlang der gesamten Lieferkette. Dies ermöglicht nicht nur eine präzisere Überwachung und Optimierung der Ressourcennutzung, sondern auch eine effizientere Bestandsverwaltung. Das trägt zur Kostenreduktion bei. Darüber hinaus bieten digitale Systeme eine bessere Übersicht über die Emissionen, die entlang der Lieferkette entstehen. Erfassungstools helfen dabei, diese Daten auszuwerten und Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen zu ergreifen. Nicht zuletzt unterstützt die Digitalisierung Unternehmen bei der Vorbereitung auf gesetzliche Berichtspflichten, wie beispielsweise die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), indem sie die nötigen Daten strukturiert und nachvollziehbar bereitstellt.
Habt ihr abschließend noch generelle Tipps für Betriebe, die gerade erst anfangen, sich mit dem Thema nachhaltige Beschaffung auseinanderzusetzen?
Der erste Tipp ist, einfach starten und wenn es im Alltagsstress zu viel wird, Unterstützung holen. Wir bieten unseren Mitgliedsbetrieben zum Beispiel eine kostenlose nachhaltige Einkaufsanalyse mit Handlungsempfehlungen an. Diese ist der Grundstein für die nachhaltige Beschaffung und darauf aufbauend geht es dann an die verschiedenen Sortimente. Darüber hinaus ist der Austausch in Netzwerken auch ein sehr wichtiges Thema. Jan Suwalski und Jens Kröpke sind Nachhaltigkeitsmanager bei Deutschlands marktführender Einkaufs- und Dienstleistungskooperation für die Hospitality HGK mit über 3.200 Mitgliedsbetrieben und Sitz in Hannover. www.h-g-k.de
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