In vielen Hotels und Restaurants steigen die Umsätze endlich wieder und das Nachholbedürfnis von Gästen macht sich bemerkbar. Eine Herausforderung aber ist „nach Corona“ noch deutlicher geworden und vielleicht auch bei dir ein Thema: der Personalmangel in der Hospitality. Dreiviertel der Gastgeber in Deutschland beschäftigen heute weniger Mitarbeiter als vor Corona, denn Lockdowns und Kurzarbeit haben dazu geführt, dass viele Mitarbeiter in andere Berufe abgewandert sind. Neue Arbeitszeitmodelle könnten helfen, Personal zu gewinnen und vorhandene Mitarbeiter zu binden – anders gesagt, deine Arbeitgebermarke neu zu definieren.
Verschiedene Erhebungen und die Erfahrung von Personalern zeigen heute, dass sich gerade jüngere Arbeitnehmer*innen vor allem eine ausgewogene Work-Life-Balance und ausreichend Freizeit wünschen. Vielen ist dies sogar wichtiger als ein hohes Gehalt oder gute Karrierechancen.
Voll auf die Vier!
Ein Modell, das hier ansetzt und für Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist die Vier Tage-Woche, die schon länger in Ländern wie Schweden erfolgreich praktiziert wird. Einige Hotelmarken haben das Modell mittlerweile auch bei uns für sich entdeckt. Allen voran das 25hours, das nach einer mehrmonatigen Testphase die Vier Tage-Woche in allen elf Häusern der deutschsprachigen Märkte sowie in seinem Hamburger Büro installiert hat. Das Hotel Der Blaue Reiter in Karlsruhe, die Familux-Hotels und das Berliner Restaurant einsunternull setzen ebenfalls auf das Modell, das möglicherweise zum Game-Changer für die Branche werden könnte. Denn erste Erfahrungen zeigen ausgeglichenere, produktivere Mitarbeiter und steigende Bewerberzahlen. Wer sich im 25hours für das neue Modell entscheidet, arbeitet an vier Tagen die Woche jeweils neun Stunden bei gleichbleibendem Gehalt. Die Differenz zur vertraglich vorgesehenen Wochenarbeitszeit wird als Überstundenausgleich vorgehalten. Jeder hat aber auch die Möglichkeit, nach einer dreimonatigen Testphase auf Wunsch wieder zum alten Modell der Fünf Tage-Woche zurückzukehren. Bei der Artprojekt Cakes & Coffee arbeiten die Mitarbeiter an vier Tagen jeweils 1,5 Stunden mehr. Im Anschluss sind sogar bis zu sechs zusammenhängende freie Tage möglich. Für viele Arbeitnehmer ist gerade das ein enormer Mehrwert. Vor allem für Pendler oder für Mitarbeiter, die nur für den Job umgezogen sind.
Mehr Freizeit durch Teilzeit
Auch moderne Teilzeitmodelle können ein Weg sein, dem Wunsch vieler nach „weniger Arbeiten und mehr Leben“ und einer gesunden Balance zwischen Berufs- und Privatleben entgegenzukommen und werden immer populärer. Zum Beispiel eine variable Variante des klassischen Teilzeitmodells. Hier wird die wöchentliche Arbeitszeit auf zwei bis fünf Tage verteilt und die tägliche, wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit kann variieren. So lässt sich bestimmten Alltags- und Lebensphasen von Mitarbeitern flexibler Rechnung tragen. Damit Arbeitsabläufe nicht leiden, ist eine gute Planung das A und O.
Schau dir außerdem mal diese Teilzeitmodelle an:
Jobsharing. Hier teilen sich zwei Mitarbeiter eine Vollzeitstelle. Auf diese Weise können sie auch Projekte übernehmen oder leiten, die in Teilzeit sonst normalerweise nicht möglich wären oder sogar eine Führungsposition einnehmen, obwohl sie weniger arbeiten. Eine regelmäßige Abstimmung zwischen beiden Kollegen ist für das Funktionieren dieses Modells allerdings elementar.
„Teilzeit Team“: Bei diesem Modell gibt der Betrieb vor, wie viele Kollegen in bestimmten Zeitfenstern anwesend sein müssen. Innerhalb der Mannschaft wird die jeweilige persönliche Arbeitszeit besprochen und geplant. So lässt sich z. B. auch ein flexibler Diensttausch im Team ermöglichen.
„Teilzeit Invest“: In Vollzeit arbeiten für ein Teilzeitgehalt? Klingt erstmal komisch, macht aber Sinn für Beschäftigte, die sich zum Beispiel ein Sabbatical wünschen oder früher in Rente gehen möchten. Denn die Differenz wird auf einem Wertguthaben- oder Langzeitkonto angespart und später als Gehalt in den Freistellungsphasen weitergezahlt.
Untersuchungen zeigen übrigens, dass in Teilzeit arbeitende Menschen seltener krank werden und motivierter sind.
Der Mehrwert für Reiselustige: mehr Urlaubstage
Alternativ zu einem geringeren Wochenarbeitszeitvolumen hast du auch die Möglichkeit, deinen Mitarbeitern zusätzliche Urlaubstage zu genehmigen und ihnen dadurch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. Das Vier Sterne Superior-Hotel Hochschober auf der Turracher Höhe zum Beispiel plant in 2022 eine zusätzliche Schließzeit zwischen Allerheiligen und Weihnachten und bietet seiner Belegschaft dadurch mehr Urlaubstage an, die über Zeitausgleich konsumiert werden.
Neue Arbeitszeitmodelle können dir einen klaren Wettbewerbsvorteil bei der Akquise und Bindung von Personal einräumen. Sie bringen in der Regel jedoch auch mehr Lohnbuchhaltungs-, Verwaltungs- und Personalkosten mit sich und gerade bei flexiblen Modellen ist eine sehr gute Kommunikation und Koordination wichtig. Um zu schauen, ob sich der Aufwand lohnt, solltest du nach Einführung eines solchen Modells deine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Produktivität, Fluktuation und Fehlzeiten stets im Auge behalten. Hier helfen digitale Systeme wie das HGK-ChefsCockpit.
Die Top-5-Ansätze gegen den Mitarbeitermangel
(Quelle: Hox-Panel*-Befragung/ahgz)
- 4-Tage-Woche
- Lohnerhöhungen
- flexible Arbeitszeiten, neue Arbeitszeitmodelle
- Digitalisierung in sämtlichen Bereichen
- Einsatz von Maschinen und Robotern
*Im Rahmen des Hox-Panels werden in regelmäßigen Online-Studien mehrere hundert Entscheider aus der Gastronomie und Hotellerie befragt und Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Trends und Zukunftsthemen der Branche erhoben.